Kontrafunk aktuell vom 12. Januar 2024
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Die US-Börsenaufsicht hat grünes Licht für Bitcoin-Fonds gegeben. Wir sprechen mit dem Volkswirt Prof. Thomas Mayer über die neuen ETFs und fragen, ob nun der Goldrausch beginnt oder ob sich Privatanleger die Finger an der Kryptowährung verbrennen. Der Journalist Moritz Müller beobachtet den Prozess gegen Julian Assange in London. Der Wikileaks-Gründer ist seit über dreizehn Jahren nicht mehr auf freiem Fuß. Nach wie vor droht ihm die Auslieferung an die USA. Müller informiert über die aktuellen Entwicklungen und den nächsten Gerichtstermin im Februar. Und auch heute blicken wir auf die Bauernproteste. Der Deutsche Jagdverband hat zur Unterstützung der Landwirte aufgerufen. Landwirte und Jäger arbeiten auf dem Feld Hand in Hand und nun auch auf der Straße. Dazu befragen wir die Jägerin Katharina Stinnes.
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Kontrafunk im Gespräch mit Thomas Mayer
Bitcoin-Boom nach ETF-Genehmigung
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Kontrafunk im Gespräch mit Moritz Müller
Aktuelle Situation und Verdienste von Julian Assange
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Kontrafunk aktuell im Gespräch mit Katharina Stinnes
Jäger solidarisieren sich mit Bauernprotesten
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Kontrafunk-Kommentar von
Kritik der tyrannischen Vernunft – zum 100. Geburtstag von Paul Feyerabend
Verfolgt man die aktuelle Diskussion über das Unheil, das unter Federführung der Wissenschaft stattfindet und geplant ist, bekommt man bisweilen den Eindruck, es ginge vor allem darum, die Wissenschaft, statt der Menschen zu retten. Leidenschaftlich wird darüber gestritten, was als wissenschaftlich und was als unwissenschaftlich zu gelten habe. Es wirkt wie ein Streit unter Priestern um die Deutungshoheit über ihre Religion. Dabei ist in Vergessenheit geraten, dass ein kluger Mann bereits ein weises Urteil gesprochen hat. Es lautet, dass die Wissenschaft selbst unwissenschaftlich sei. Dieser Mann war der Wissenschaftsphilosoph Paul Feyerabend, der am 13. Januar vor hundert Jahren in Wien geboren wurde. Seine Urteilsbegründung lautet folgendermaßen: Sofern Wissenschaftlichkeit in einer einzigen übergreifenden Methode begründet liegt, ist die Wissenschaft als solche unwissenschaftlich, denn diese Methode gibt es nicht. Letzteres wird in der modernen Wissenschaftstheorie inzwischen weitgehend anerkannt. Der aktuelle politische Streit um die Wissenschaft wird aber heute noch oft mit Verweis auf die wissenschaftliche Methode geführt. Motto: „So funktioniert Wissenschaft!“ Oder auch nicht. Man könnte dies aber auch einfach sein lassen und sich wichtigeren Dingen widmen.
Genau das hatte Feyerabend schon vor vielen Jahrzehnten gefordert, und das macht ihn auch wieder aktuell. Damals war er nicht nur aktuell, sondern ein Star und gleichzeitig eine Hassfigur. Der Kultstatus, den er erlangte, wirkte sich nicht günstig für ihn aus. Wegen seines exzentrischen Auftretens und gepfefferten Schreibstils galt er in Fachkreisen lange Zeit als unseriös. Doch die Liste der Universitäten, an denen er lehrte, ist so lang wie die Liste der Geistesgrößen und wissenschaftlichen Lichtgestalten, mit denen er befreundet war. Weltberühmt wurde er mit seinem 1975 erschienenen Buch „Against Method“, welches jenen Slogan enthält, der ihn für den Rest seines Lebens verfolgen sollte: „Anything goes.“ Das Buch war ein Riesenerfolg, weit über akademische Kreise hinaus. Die Reaktionen darauf stürzten ihn jedoch in tiefe Depression, er fühlte sich grob missverstanden. Kritiker wie Fans glaubten, er sei ein Irrationalist, der jegliche wissenschaftliche Regel, jegliche Vernunft und Rationalität ablehnt und munteres Chaos fordert. Das war allerdings Unsinn. Feyerabend argumentierte messerscharf anhand von historischem Material, dass wissenschaftliche Methoden bloß eingeschränkte Gültigkeit haben können. Wissenschaftler verwenden sie in der Praxis als Daumenregeln, müssen sie aber oft missachten, um zu Erkenntnissen zu gelangen. „Anything goes“ war nicht Feyerabends Slogan; es war eine ironische Formulierung dafür, dass eine einheitliche Metamethode in der real praktizierten Wissenschaft nirgendwo zu finden sei. Für ihn ergab es einfach keinen Sinn, die Theorie mit aller Gewalt gegen den Strich einer pragmatischen Praxis zu bürsten.
Feyerabend war weder gegen Rationalität noch gegen Vernunft als solche. Er war gegen jede Form der Tyrannei. Wahrgenommen wurde er aber als verrückter Professor der „Gegenaufklärung“. Es ist zurzeit jedoch sehr aufklärerisch, dem Beispiel Feyerabends zu folgen und vermeintlich irrationale, als esoterisch verpönte Praktiken gegen die offiziell als wissenschaftlich anerkannten in Stellung zu bringen. Wer sich über Regentänze der Hopi aufregt, weil sie nichts bewirken, sollte die eigenen Veitstänze des blanken Irrsinns nicht aus den Augen verlieren, die er mit der Parole „Follow the Science“ selbst aufführt. Der Regentanz drängt sich heute als kostengünstige Alternative zu wissenschaftlich begründeten Klimaschutzmaßnahmen geradezu auf. Beides dürfte etwa gleich wirksam sein – mit leichtem Vorsprung des Regentanzes. Regentänze halten sportlich fit, während Klimakleben nur das Sitzfleisch verfettet. Sehr aktuell und zwingend logisch ist auch seine Auffassung, dass ein weltanschaulich neutraler Staat auch die Wissenschaft nicht bevorzugen dürfe. Wissenschaft müsse vom Staat getrennt werden. Diese Forderung hat jüngst der Philosoph Michael Esfeld aufgegriffen und in seinem Buch „Land ohne Mut“ in eine konkrete Utopie integriert.
Es lohnt sich in vielerlei Hinsicht, Feyerabend erneut zu lesen. Wie der mit ihm eng befreundete Philosoph Paul Hoyningen betont, war er nicht nur ein liebenswerter Mensch, sondern vor allem ein großer Denker. Keiner konnte ihm was, außer dem bösartigen Hirntumor, der seinem Leben ein Ende setzte. Feyerabend hat niemals Phrasen gedroschen, auch nicht mit den letzten Worten seiner Autobiografie. Halbtot vom Krankenbett aus diktierte er die anmutig rührenden Worte: „Das ist es, was ich mir wünsche: nicht dass mein Geist weiterlebt, sondern allein die Liebe.“ Wir werden seinesgleichen nie mehr erleben! Er war „one of a kind“.
Ein absolutes Alleinstellungs merkmal der Kontrafunk-Nachrichten-Aktuell war die gemischte und sehr hochwertige Musikauswahl. Allein dies nahm etwas vom Grauen der eigentlichen Nachrichten-"Exzesse", die eben die Gegenwart uns vielfach beschert.
Das mittlerweile eher einem Pausenzeichen ähnende Gezupfe ist Ihrem Sender nicht würdig.
Ich hoffe, daß bald wieder herzerwärmendere Klänge über den Äther oder durch die Glasfaser übertragen werden.
Vielen Dank,
Ihr regelmäßiger Hörer und Multiplikator
Herbert Faltynek (Wien)
Die Regierung findet ihre Begründungen, wenn sie welche braucht - das Ziel entscheidet und nicht die Sachlage. Das sieht man doch allenthalben.
Aber dann müsste man sich aus dem engen Blick des Konformen, leider fälschlicher weise vom Funk wohl als "Vernunft" missverstanden, herausbegeben und sich der weiteren Realität stellen. Die Agenda erklärt es alles, aber solange diese halt (unausgesproche n) als "Verschwörungstheor ie" abgetan wird,...
Es bleibt für mich unbeantwortet:
- Was passiert bei einem Ausfall des Internets, was bei einem Zugang zum Internet nur noch mit Digital-ID? Dann ist es total vorbei mit der Anonymität und Verbot und Enteignung kommen hier genauso voran wie anderswo.
- Schon jetzt kauft man ja meist über Börsen, ist registriert, ich gehe stark davon aus, dass die Spur dazu immer nachverfolgbar bleibt. Tür und Tor geöffnet fürs Europäische Vermögensregist er.
Für Vermögensschutz gibt es keine Wege mehr, das ist meine aktuelle Sicht.
Wertpapiere sind registriert und noch dazu in der Regel digital also kontrollierbar und abschaltbar. Immobilien werden sowieso enteignet. Konten werden inflationiert. Edelmetalle kann man enteignen, der Kauf ist über die Nummern auf den Scheinen selbst bei Barkauf nicht anonym. Der Besitz kann einfach über Detektoren und KI aufgespürt werden, die Strafen für unregistrierten Besitz werden sicherlich monströs ausfallen. An Zollfreilager glaube ich nicht. Für andere Besitztümer gilt sicher Ähnliches. Für "Eingeweihte" gibt es sicher Lösungen, aber die werden uns nicht offenbart. Vielleicht Stiftungen für sehr Reiche.
Bei Assange dachte ich damals "Wenn es hier keine Gerechtigkeit geben wird, verliere ich jeden Glauben an Recht und Gesetz". Und ich wusste damals noch nicht, was folgen würde.
Allein, dass die Linke jetzt derart stumm von ihrer ursprünglichen Position abgerückt ist, müsste sie eigentlich ins Nachdenken bringen. Aber das können (angeblich) Linke offenbar nicht.
Eine Anregung generell zum Kommentar, die umgesetzt vor allem bei solchen wie diesen sehr sinnvoll und nützlich sein könnte: Früher gab es ja nicht nur mit der "Medienschau" eine Rubrik, die es nun höchst bedauerlicherwe ise NICHT mehr gibt; auch wurde der Kommentar oft (immer?) auf der Sendungsseite veröffentlicht , was es ebenso - und ebenso unverständlicherwe ise - nicht mehr gibt. Daher die Anregung, wenigstens DAS wieder einzuführen - ERGÄNZT um den einen oder anderen relevanten Link! In diesem konkreten Fall könnte der Autor zwei, drei Links zu einer interessanten Kurzbiographie, einem sehenswerten Youtube-Video (mit z.B. einem alten Fernsehintervie w) und/oder eine konkreten Buchermpfehlung hinzufügen, auf dass der interessierte Hörer sich näher mit dem Thema des Kommentars, in diesem Fall eben mit dem österreichi schischen Philosophen, befassen kann. Das wär' doch nicht schlecht!
(Jetzt kommt bestimmt der Nächstbeste und meint, moppern zu müssen: "Googeln kannze nich' selba oder wat?!" Doch, könnte ich nicht nur, habe ich sogar GEMACHT - nur bekommt man fast eine Million Suchergebnisse; ohne eine Spur zu wissen, was gut und was doof ist; ohne eine Spur zu wissen, was womöglich FEHLT (es ist Google, und wir haben 2024)...)
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